14., Stadt des Kindes in Weidlingau, 1969-74 - Faymanns Mutwillige Zerstörung
- haraldsidak
- 12. Apr. 2023
- 3 Min. Lesezeit
UNESCO: Juwel moderner Architektur
Für Eilige
1974 errichtete das Rote Wien in Weidlingau eine vorbildliche Kinderwohnanlage für Pflegekinder, ihr Name: Stadt des Kindes. Leider wurde das Konzept ab den Achtzigern nicht mehr durchgehalten und die städtische Anlage 2008 trotz heftiger Proteste Großteils zerstört. 2013 retteten die sanierenden Architekten Teile der Anlage freiwillig. Ihr Ergebnis ist bemerkenswert. Was wenn das große Ganze erhalten geblieben wäre?
Longread
Eine Wohnstadt für Kinder, ausschließlich! Eine Willhaben-Abholung am Tag des ersten Schnees im Winter 2022/23 brachte mich in die Hofjägerstraße in 1130/1140. Auf einmal eine tolle große Schwimm- und Turnhalle die so gar nicht in die Gegend hinter dem Auhofcenter, fast schon in Purkersdorf, passte. Was ist das hier?
Dann die Hinweise des Bauträger ARWAG: Stadt des Kindes aaahhh, hier steht das!
Ich hatte viel davon gelesen und freute mich die sanierte Anlage kurz sehen zu können. Meine ältere Tochter teilte meine Freude jedoch gar nicht, im Schneetreiben mit dem Vater irgendwelche Wohnbauten anzuschauen und streikte – kann man auch nachvollziehen. Also gibt’s nur wenige Fotos, die lassen einiges erahnen - jedenfalls ist die dahinterliegende Anlage und ihre traurige Geschichte bemerkenswert.
Ich finde einige gestalterische Parallelen zum Schafbergbad (Mut zur Farbe, Geländer, Offenheit), ein Wunder, dass dieses noch so steht, denkmalgeschützt ist dieses auch nicht – Obacht.
Eine Wohnstadt für Kinder
1969-74 errichtet die Stadt Wien unter der SP Stadträtin Maria Jacobi ein zukunftsweisendes Wohnprojekt für Heimkinder: die Stadt des Kindes. Geplant wurde ein völlig neues, offenes Konzept von Anton Schweighofer für das Kuratorium Wiener Jugendheime.
Offene Wohngruppe, familienähnliche Strukturen - 5 hochwertige Häuser mit 4 Wohnungen für je 10 Kinder, zusätzlich andere Wohnformen für die Größeren, in Summe 300 Kinder) - eine hochwertige Infrastruktur mit Offenheit und Durchlässigkeit für die elternlosen Kinder in städtischer Obhut. Ein Kinderstadt statt Kinderaufbewahrung im Heim. Sogar Geschäfte, Café und Gastro war geplant kamen aber nie.
Gescheiterte Utopie Leider wurde nach wenigen Jahren die Leitung der Stadt des Kindes der damaligen MA 11 übertragen, die Selbständigkeit ging verloren, das Drama begann.
Ehemalige Erzieherinnen erzählen, dass damit das Ende der Utopie begann und statt Partnerschaft und Reformpädagogik Drill und schwarze Pädagogik in der Stadt des Kindes einzog. Erzieher und Leitungspersonal aus anderen Strukturen kamen und verstanden oder wollten das Konzept nicht.
Ab den 1980 Jahren war es endgültig vorbei mit dem Idyll und Drogen und Missbrauch erfassten auch die Stadt des Kindes. Kundige sagen, dass die städtischen Strukturen noch nicht so weit waren die reformatorischen Ideen der 1968 gut in die Tat umzusetzen, wahrscheinlich hat es auch an Geld und qualifiziertem Personal gefehlt.
Ein zweiter Verrat Die UNSECO hat den Bau als „Juwel moderner Architektur“ bezeichnet: Turnhalle, Personalhaus, Hallenbad, Theater, Spielanlagen innen und außen, die an absolut modernes Skandinaviern erinnern, die Anlage verfiel dennoch. Mit der Heimreform 2002 wurde die Stadt des Kindes geschlossen und verfiel. Das passiert leider häufig, wenn in der Stadt Wien abgewirtschaftete Sozial und Gesundheitsinfrastruktur außer Betrieb geht, auch das ehem. Otto Wagner-Spital gibt heute trauriges Zeugnis davon.
Politisches Versagen sehenden Auges Ca. 2006 wurde der Abriss beschlossen. Es gab große Proteste von wichtigen Architekturinstitutionen im In- und Ausland (ICOMOS, DOCOMOMO, Institute der TH-München, ETH-Zürich und TU-Wien; Akademie der bildenden Künste; Bundessektion der Architektenkammer, Architektur in Progress, Architekturstiftung Österreich; Netzwerk Denkmalschutz), sie forderten vergeblich die Unterschutzstellung des gesamten Areals. Architekturstudierende besetzten das Arial zum Teil.
Es half alles nichts, Die Stadt zerstörte ihr baukulturelles Erbe. Man kann sagen, dass die Stadt ihre eigene zukunftsweisende Anlage zweimal verraten hat, wenige Jahre nach der Inbetriebnahme in dem sie die außergewöhnlichen Potentiale ihre realisierte Planung verriet und dann erneut nach 2008 indem sie eine bestandserhaltende Weiterentwicklung der Bauten nicht finanzierte und einen Abriss gnadenlos durchzog. Auch das Bundesdenkmalamt versagte.
Gerettet was zu retten war 2013 wurde von Arch. Walter Stelzhammer und Peter Weber ein Teil der Anlage revitalisiert: 2 der 5 Häuser, Schwimmhalle und Turnsaal, die zentrale Erschließung mit Freitreppen konnten mühsam erhalten werden. Den mutigen Architekten ist zu verdanken, dass zumindest 2 Häuser unter Mitwirkung Arch. Anton Schweighofers bestandserhaltend saniert wurden. Die Neubebauung orientierte sich wesentlich am Bestand der Kubatur der Stadt des Kindes, die Flächenwidmung wurde bewusst nicht ausgenützt, um den Charakter der ehem. Vorzeigeanlage zu erhalten.
Die politische Verantwortung Für das Versagen verantwortlich sind die damaligen Wohnbaustadträte Werner Faymann und Michael Ludwig. Es hat ihren Karrieren nicht geschadet.
Ein Umweg lohnt sich. Ich will auch nochmals hin.
Wer mehr wissen will: https://www.nextroom.at/building.php?id=36110 https://kurier.at/.../stadt-des-kindes.../400025863





















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